Getriebeüberholung TH700R4/4l60

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Blackrainbow
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Getriebeüberholung TH700R4/4l60

Beitrag von Blackrainbow »

Getriebeworkshop

Part 2 – Die Getriebeüberholung:

Ihr Lehrer: Jean Pütz alias Chris

Heute: Wie überhole ich mein TH700R4/4L60 Automatikgetriebe selber?

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Grundlegendes:
Allem vorweg muss sich jeder darüber im Klaren sein, dass das Getriebe das komplexeste Bauteil am Bird ist. Um hier ran zu arbeiten sollte man über reichlich mechanische Erfahrung verfügen. Zu schnell hat man etwas vergessen oder durch unsachgemäße Handlung beim demontieren beschädigt. Am Besten beim erstmaligem Demontieren sehr viele Bilder machen, um sich später besser zu orientieren, falls man nicht mehr weiter weiß.
Die Folgende Überholung kann jeder getrost zuhause durchführen, ohne spezielles Sonderwerkzeug. Trotzdem sollte man, wenn man sich nicht sicher ist, den Fachmann kontaktieren und zur Not das Getriebe zur Überholung weggeben!

Kapitel 1:
Die 2-4 Servo (Dauer: 5 Minuten)

Als erstes Teil demontieren wir die Servo, welche sich unter dem runden Deckel in Nähe der Ölleitungen befindet. Diese muss zuerst raus, da der Stift sonst aufs Bremsband drückt und somit die Reverse Drum (Input Housing) blockiert. Der Sprengring ist einfach mit einem Schraubendreher zu lösen. Die Servo kommt dann meist von alleine durch die kleine Feder nach draussen. Wenn nicht: Schraubendreher

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Kapitel 2:
Valve Body (Dauer: 60 Minuten)

Als nächstes drehen wir das Getriebe auf den Kopf. Wir demontieren die Ölwanne (Sämtliches Öl sollte bis hierhin abgelassen sein!) und sehen den darunter liegenden Valvebody.

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Das wohl komplizierteste Teil, welches aber zugleich eigentlich recht einfach zu demontieren ist.
Der Filter ist einfach rauszuziehen.
Wir entfernen dann den TCC Solenoid, das ist der Fühler an der linken Seite. 2 Schrauben lösen und rausziehen, dann die Plastikführung fürs Kabel aus dem Body hervorfriemeln und die 3 restlichen Stecker aus ihren Buchsen entfernen.
Sollte hierbei die Ölleitung im Weg sein, kann diese durch 2 Schrauben schnell demontiert werden.
Jetzt kommt der 3-4 Accumulator dran.

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Das ist das silberne Häuschen welches rechts unten sitzt. 3 Schrauben halten das Teil, darunter ist eine Feder.
Um den Valvebody zu entfernen, muss zunächst die Kickdown Vorrichtung unten mit 2 Schrauben demontiert werden.

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Dann am besten noch die Shifter Steuerung oben, um den Body gerade rausheben zu können.

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Jetzt kommen die zahlreichen anderen Schrauben, die wir am besten nur lösen, um den Valvebody so herausheben zu können. Bevor man dies jedoch tut, sollte man zum einen das Getriebe gerade stehen haben und zum anderen die Angelegenheit ganz langsam angehen, denn darunter befinden sich die Checkballs (Prüfkugeln) die die Kanäle abdichten. Diese fliegen nämlich sonst einem um die Ohren.
Unter dem Valvebody sehen wir dann die Separator Plate mit 3 Kugeln. Diese 3 Kugeln nehmen wir einfach ab und merken uns deren Position. Dann lösen wir die Separator Plate ab und sehen darunter die nackten Kanäle.

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Auch hier finden wir wenn wir genau hinsehen 5 Checkballs, die wir entfernen und aufbewahren. Position merken!
Jetzt kommen wir zum 1-2 Accumulator Spring and Piston, der unter dem 3-4 liegt, den wir zuvor unterm dem silbernen Deckel gefunden haben. Nun da die Separator Plate weg ist, können wir diesen Stift mit Deckel herausziehen. Auch hier ist eine Feder dabei.
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Blackrainbow
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Beitrag von Blackrainbow »

Kapitel 3
Der Governor (Dauer: 10 Minuten)

Das Getriebe wieder gerade ausrichten. Wir lösen nun den Deckel, der sich hinten links am Getriebe befindet. Dieser ist ins Gehäuse gepresst, dass heisst, man muss das Gehäuse sanft mit einem Schraubendreher bearbeiten und ringsherum die Nute aufschlagen. Da die Kappe hinterher wieder zugeklemmt wird, ist dies nicht so schlimm. Diese Fummelarbeit hält auch je nach Zustand etwas auf.
Jetzt einfach den Governor Assembly rausdrehen.

Kapitel 4
Extension Housing (Dauer: 15 Minuten)

Wir stellen das Getriebe sicher hochkant auf die Glocke und lösen die kleine Schraube für den Speedometerkontakt. Das Innenleben einfach herausnehmen und beiseite legen. Nun die 4 Schrauben am Gehäuse lösen und den oberen Teil abnehmen. Darunter ist das Tachorad mit einer Klammer befestigt. Um die Welle komplett herausnehmen zu können, nehmen wir das Kunststoffrädchen ab. Nun müssen wir uns etwas basteln, welches die Welle später nicht aus dem Gehäuse fallen lässt. Hier kann man schnell etwas selbst basteln:

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Kapitel 5
Pumpe (Dauer: 30 Minuten)

Nun drehen wir das Getriebe auf die andere Seite, mir der Glocke nach oben. Jedoch sollte das Getriebe nicht mit dem ganzen Gewicht unten auf der Welle stehen sondern mittig irgendwie fixiert sein!
Um die Pumpe zu entfernen benötigt es ohne einen geeigneten Abzieher etwas mechanisches Geschick. Dieser Akt kann durchaus lange dauern. Ich habe hierbei zu folgender Lösung gegriffen:

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Die Pumpe ist an dem dicken Ritzel fest montiert. Dieses muss man quasi nach Lösung der Schrauben nur aus dem Gehäuse ziehen. Da man aber kaum Greifpunkte hat und zudem Dichtungen die Pumpe im Gehäuse halten, erfordert es hier etwas Gewalt.
Ein Tuch gelegt auf das Ritzel verhindert Beschädigungen durch Zangen. Eine geeignete Rohrzange greift dann das Ritzel, die wiederum von einer kleinen Schraubzwinge fixiert wird. Nun benötigen wir eine zweite Schraubzwinge, die einmal hinter die Zange greift (An die Pumpe) und vor die Welle (Input Housing). Ein 5 Cent Stück zwischen Zwingenmund und Welle verhindert auch hier Beschädigungen. Nun langsam aber kraftvoll diese Zwinge festdrehen. Schon bald sollte sich die Pumpe vom Gehäuse lösen und man kann diese dann beiseite legen.

Kapitel 6
Das Innenleben (Dauer: 60 Minuten)

Nun kommen wir zum Innenleben des Getriebes mit allen Planeten, Clutchpacks und Freiläufen. Das Getriebe sollte wieder senkrecht ausgerichtet sein, um optimal arbeiten zu können. Den Input Housing greifen wir an der Welle und ziehen diesen einfach heraus. Es ist das dickste und schwerste Teil, da sich hier 4 Clutchpacks plus Freilauf drin befinden.

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Um den Input Housing herum sitzt das Bremsband, welches durch die Servo im Betrieb auf das Gehäuse greift. Dieses Band ist auch ein Verschleißteil, sollte das Input Housing also irgendwie noch am Bremsband hängen, das Band ruhig mit einem Schraubendreher und Hammer bearbeiten, so dass man alles rausziehen kann. Es sollte sowieso erneuert werden! Nur nicht daneben aufs Gehäuse schlagen!
Als nächstes kommt das Bremsband dran, welches durch einen Pin im Valvebody eingehangen ist. Den Pin einfach rausholen und das Band entsorgen. Jetzt das kleine Zahnrädchen als nächstes rausholen. Nun kommen wir zum Planeten, der mit einem fiesen Sprengring gesichert ist. Dieser muss nach aussen aufgedrückt werden. Diese Prozedur ist recht schwierig weil man tief im Getriebe arbeiten muss. Man kann es mit zwei Schraubendrehern machen, aber dabei richtet man auch Schaden an. Am Besten man benutzt eine geeignete Sprengringzange hierfür. Aber nicht so eine Standard für Löcher sondern eine mit flachen Zungen.
Ist der Sprengring draussen entnehmen wir den Planeten.
Jetzt haben wir schon fast alles demonitert. Der letzte Schritt ist es den großen Ring zu lösen der den letzten Clutchpack plus Freilauf beinhaltet. Ist diese Angelegenheit vorbei, haben wir in 180 Minuten ein komplettes TH700 zerlegt!

Kapitel 7
Überholung (Dauer: Je nach Schaden)

Nun schauen wir uns alle Teile im einzelnen an. Hier muss jeder selber sein Urteil bilden. Je nachdem was kaputt sein kann und je nach Fehlerdiagnose sollten diese Teile erneuert werden. Krasse Fahrer fraggen sogar Planeten, welche dann mit Sicherheit auch durch umherschwimmende Metallteilchen großen Schaden an anderen Teilen erzeugt haben. Die Clutches mal checken ob die noch OK sind oder bereits weggeschmolzen, das Bremsband so oder so neu machen. Sämtliche Dichtungen erneuern beim Wiederzusammenbau. Den vorderen Freilauf kontrollieren ob sich diese nur in eine Richtung drehen lässt, wenn nicht oder nur schwer, dann neu! Ich empfehle in jedem Falle so ein super Master Rebuild Transkit (Was für ein Wort). Hier sind alle grundlegenden Teile wir Scheiben, Dichtungen, Bremsband vorhanden.

Ausserdem kann ich zwecks Ferndiagnose, Teilebeschaffung und auch Telefonsupport im Notfall den User Trans-Am (Roman) empfehlen, der mir auch bei dieser Arbeit sehr viel Unterstützung gegeben hat. Er ist mein persönlicher Getriebespezialist und hat gerne auch ein offenes Ohr, falls ihr Probleme habt oder euch nicht sicher seid! Vielen Dank auch hier noch mal an der Stelle :evil:

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Die Demontage der einzelnen Komponenten sollte auf jeden Fall in Ruhe und in einem Arbeitsschritt getan werden! Beim wechseln der Kupplungskörbe unbedingt auf die Reihenfolgen der Scheiben achten, hierzu können die technischen Zeichnungen verwendet werden. Also eigentlich kann man da nix großartiges falsch machen wenn man gescheit arbeitet. Sind alle Teile soweit erneuert bauen wir das Teil wieder zusammen:

Kapitel 8
Der Zusammenbau (Dauer: 1 Jahr – ne Quatsch, kommt drauf an wie mans drauf hat^^)

Im Prinzip alles wieder in die Kiste reinwerfen wie wir es zuvor rausgeholt haben. Kann hierzu auch das Video empfehlen!
Grundlegend erst den Inneren Teil mit Planeten, Clutchpacks usw.
Dann die Pumpe drauf damit das Bremsband sicher sitzt. Dann den Valvebody um den Pin zu fixieren, dann die Servo damit die das Bremsband drückt und von mir aus zum Schluss Extension Housing mit Tacho und Govenor.
Beim Bremsband darauf achten, dass das Input Housing mit allen Clutches gescheit sitzt. Hierzu muss man das Teil ne ganze Ecke drehen bis es überall einrastet, damit die Pumpe draufpasst. Das Bremsband selber muss ordentlich anliegen und fest in den Verankerungen sitzen. Bewegen tut sich das dann immer noch aber es muss im Pin sein! Über den Valvebody kommt man hinterher auch noch mal daran und kann es kontrollieren. Schwierig wird hier z.B. auch nur das Input Housing durch das Bremsband durch zu manövrieren. Es gibt einen Trick:
Das Bremsband mit den Doppelklauen einhaken. Nun spiral/schraubförmig nach oben aus dem Gehäuse leiten und mit Kabelbinder am Ende fixieren. Jetzt den Input Housing montieren und das Bremsband anschliessend nach unten dazwischen quetschen und einhaken. Nun die Pumpe drauf und den Valvebody, damit der Pin nicht mehr rauskommt. Dann zum Schluss die Servo.
Beim Valvebody schön die Prüfkugeln einsetzen in die richtigen Positionen laut Plan (Gibt Unterschiede zwischen den Baujahren). Dann alles wieder soweit zusammen schrauben wie es zuvor war. Zur Sicherheit die Bilder rekapitulieren. Das TH700 verzeiht auch kleine Fehler!
Wie gesagt man kann nichts falsch machen wenn man es gescheit demontiert hat. Hier muss jeder selbst sein Meister sein. Es sind alles feste Elemente die ihren Platz haben. Verstellen kann man auch nix an dem Dingen. Entweder es passt oder es passt nicht. Zum Schluss kann man einen kleinen Test machen, und zwar ob sich die Welle des Wandlers in BEIDE Richtungen mit der Hand drehen lässt, und ob sich die Welle des Kardan mit einer Zange NUR in EINE Richtung drehen lässt. Somit ist gewährleistet dass man wirklich nichts verkanten hat oder so.


Tja und das wärs auch schon aus unserer Hobbythek – dem Getriebeworkshop Siegen. Viel Spaß beim Einbau wünscht Ihnen Ihr Jean Pütz ;)

Dauer:
Demontage rund 3 Stunden
Überholung je nach Bedarf
Zusammenbau erfahrungsgemäß länger als Demontage

Thema demnächst: Der Getriebeeinbau
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